Baby-Handling, Teil 2: Wie bewege und halte ich mein Kind in den ersten Monaten?

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Und hier ist er auch schon, der zweite Teil unserer kurzen Baby-Handling-Reihe. Nachdem euch unsere Hebamme und Trageexpertin Katrin im ersten Teil des Expertentipps verraten hat, wie ihr euer Baby gerade zu Beginn, wo es noch so zart und zerbrechlich wirkt, mit sanften und bewussten Griffen achtsam in seinen Bewegungsabläufen unterstützen könnt, vertieft sie dieses Wissen in unserem heutigen zweiten Teil – ergänzt durch weitere hilfreiche Tipps für den sensiblen Umgang mit einem Baby.

Letztes Mal habe ich euch an dieser Stelle konkrete Tipps zu den Themen Schlafen, Ablegen & Aufnehmen und Wickeln gegeben. Heute möchte ich euch zeigen und erklären, wie wir als Eltern unser Baby beim Drehen, in der Tragehilfe oder beim Anziehen zusätzlich unterstützen können und so eine gesunde und Halt bietende Schlafumgebung schaffen können.

Grundsätzlich ist es so, dass alle unterstützenden Maßnahmen dem Baby helfen sollen, den eigenen Körper besser wahrnehmen und Bewegungen immer besser differenzieren zu können, die Körperspannung in Momenten der Entspannung zu reduzieren und sich immer besser selbstständig zu bewegen – ohne dabei von außen bewegt zu werden.

Dafür schauen wir uns erst einmal die Unterschiede bei den Bewegungsmustern von Babys und Erwachsenen an: Wir Erwachsenen kennen und nutzen verschiedene Bewegungsrichtungen, bewegen uns selbst aber oft in einer parallelen Bewegung, d.h. gerade nach unten oder oben. Ein einfaches Beispiel hierfür wäre das Aufstehen von einem Stuhl: beide Beine stehen auf dem Boden und wir kommen mit Schwung nach oben. Eine Erhöhung der Muskelspannung ermöglicht es, dass wir uns entgegen der Schwerkraft auf einmal aufrichten. Daher haben wir es auch als Selbstverständlichkeit hingenommen, dass wir unsere Kinder in gleicher Art bewegen, wenn wir sie zum Beispiel hochnehmen, wickeln, ablegen oder anziehen. Unberücksichtigt haben wir dabei, dass Babys aus dem Mutterleib eher drehende (spiralige) Bewegungen kennen und alles Weitere erst erlernen müssen. Unseren Kindern eher drehende Bewegungen anbieten zu können, gelingt uns, wenn wir uns vorstellen, dass wir in unserer Bewegung, z.B. bei Krankheit, eingeschränkt sind oder uns nicht wohl fühlen. Dies führt nämlich dazu, dass wir zu spiraligen Bewegungen zurückkehren, die unsere Körperspannung reduzieren. Und genau hier können wir ansetzen.

Unsere Kleinen müssen die Wahrnehmung ihres Körpers, den Umgang mit Körperspannung, die gleichzeitige Ausführung mehrerer Bewegungen und Tätigkeiten, sowie die Ausführung differenzierter Bewegungen erst noch erlernen und brauchen hierfür die elterliche Unterstützung. Am wohlsten fühlt sich unser Nachwuchs auf dem Arm seiner Eltern, da er die hier unterstützende Umgebung für sämtliche Bewegungsübungen optimal nutzen kann und sich sicher und geborgen fühlt. Im Folgenden ein paar Tipps, mit denen ihr in konkreten Situationen die Bewegungen eures Babys ganz leicht fördern könnt.

An- und Ausziehen

Hierfür bietet sich ein sicheres Handling auf dem Schoß, entweder z.B. auf einem Sofa oder Bett sitzend an – oder sogar gleich ganz auf dem Fußboden. Das hat den Vorteil, dass dein Kind Kontakt mit dem Boden oder deinem Körper hat und so mit Händen und Füßen aktiv „mitarbeiten kann“. Außerdem akzeptiert es so eher diese Prozedur, ohne gleich in Abwehrhaltung zu gehen (erhöhte Köperspannung und Weinen). Dein Baby kann entweder sitzend (Oberkörper wird gut gestützt) oder in Bauchlage, auf deinem Bein liegend, gehalten und angezogen werden. Dein Baby erfährt auf diese Weise sehr einfach, selbst in Balance zu kommen und neue Bewegungen zu erlernen und zu vertiefen.

Drehen und Bauchlage

Dem An- und Ausziehen kann dann gleich auch noch eine Übungseinheit folgen. Wann immer es sich anbietet, kannst du deinem Baby in Rückenlage einen Finger anbieten, an dem es ziehen kann und gleichzeitig unterstützt du ein Füßchen mit der Hand, um den Säugling in eine Drehbewegung zur Seite zu bekommen. Diese Bewegung in die Seitenlage ist die Anbahnung zum späteren Drehen. Durch ein wiederholtes Üben z.B. beim Rückenwaschen oder Eincremen auf dem Wickeltisch, kann man dieses Bewegungsmuster oft anbieten und unterstützen.
Leider wird die Anwendung der Bauchlage seit der Diskussion um den plötzlichen Kindstod zunehmend weniger praktiziert. Gerade in Wachphasen kannst du deinem Baby aber immer wieder zwischendurch diese Möglichkeit bieten, da es ein wichtiger Entwicklungsschritt ist, um u.a. die Rückenmuskulatur zu trainieren und den Kopf selbständig halten zu können. Angenehm finden Babys es, wenn man sie durch eine Handtuchrolle (kleinere Babys) oder ein Stillkissen (größere Babys) oder Mamas und Papas Knie unterstützt. Dazu platziert man diese Unterstützung unter dem Oberkörper, so dass die Arme nach vorne orientiert sind.

Sichere und komfortable Schlafumgebung

Aus medizinischen Gründen (Plötzlicher Kindstod) hat das Babybett in den letzten Jahrzehnten leider immer mehr an Gemütlichkeit verloren. Wo früher noch Betthimmel, Kopfkissen, Bettdecke und Rundumschutz an der Tagesordnung waren, findet man jetzt genau das Gegenteil vor: ein leeres Bett mit Schlafsack. Hinzu kommt die Problematik, dass als einzige sichere Schlafposition die Rückenlage empfohlen wird, viele Kinder aber in dieser Position gar nicht einschlafen können.

Mit einfachen unterstützenden Maßnahmen kann man seinem Schatz aber eine komfortable und sichere Position ermöglichen. Denn je weniger unser Baby seine Muskeln zum ständigen Gewichtsausgleich benötigt, desto mehr kann es sich auf Verdauung, Schlaf und Atmung konzentrieren. Hierbei ist eine 3-Stufenlagerung hilfreich:

Die Rückenlage: Du kannst ein größeres Handtuch und ein kleineres Handtuch– passend zur Kindsgröße – in drei Stufen falten, so dass Kopf, Brustkorb und Po auf jeweils einer Stufe liegen und der Kopf die höchste Position einnimmt (lege das kleinere Handtuch am besten nach unten, das größere Handtuch in zwei Stufen gefaltet darauf). Zusätzlich kann unter die Beine ein Handtuchhäufchen (lasse hierfür einfach ein Handtuch fallen) geschoben werden.

Die Seitenlage: diese Position eignet sich für wache Phasen oder fürs Einschlafen. Einfach den Rücken mit einem gerollten Handtuch stützen. Der Hinterkopf wird entlastet und ein Zurückrollen verhindert. Das obere Bein kann mit einem kleinen Handtuchhäufchen entlastet werden. Nach ca. 30 min. schlafend in dieser Position, kann das Baby dann langsam in Rückenlage gedreht werden.

Die Bauchlage: Viele Kinder fühlen sich zum Einschlafen in dieser Position am wohlsten und sichersten. Solange du dein Kind dabei im Blick hast, ist dies auch völlig ok. Auch hier kannst du die 3-Stufenlagerung nutzen und legst zusätzlich unter den Brustkorb eine zusammengerollte Stoffwindel, und zwar von einer Schulter diagonal zur gegenüberliegenden Hüfte. Bewegungen werden somit erleichtert und das Gewicht eher einseitig verteilt. Schläft dein Baby fest, kannst du es nach spätestens 30 min. sanft in die Rückenlage drehen.

Achte bitte bei allen drei Positionen darauf, dass sich dein Baby die Handtücher nicht über den Kopf ziehen kann.

Unterstützung in der Tragehilfe

Auch beim Tragen kannst du deinem Baby sanfte Unterstützung bieten: Nutze bei warmen Temperaturen jederzeit die Möglichkeit dein Kind mit nackten Füßen zu tragen und diese auch anzufassen und zu massieren. Das gibt zusätzlichen Halt, fördert die Durchblutung und bahnt Bewegung an. Beim elastischen Tuch kannst du den Füßen mit der Tuchbahn, die um deine Hüfte gewickelt ist, eine komfortable Stütze geben. Achte nur darauf, dass nichts einschnürt und dein Baby es bequem hat.

Die Bewegungsentwicklung unseres Nachwuchses braucht Zeit, Geduld, Liebe, Zuwendung und ein wenig Unterstützung. Haben wir diese etwas anderen Bewegungsabläufe erst einmal verinnerlicht, gelingt es unseren Babys immer öfter sich allein zu bewegen, die Abläufe zu kombinieren, zu differenzieren und Erfolge zu erfahren.

Quelle: Baby in Balance – Hartz, Kienzle-Müller, Höwer, GU-Verlag, 1.Auflage 2012

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