Trageberatung im Fokus: Tragen als Unterstützung in der Basistherapie – Fußanatomie & Entwicklung (Teil 2)

Trageberatung im Fokus

Das Thema „Tragen als Unterstützung in der Basistherapie“ ist für uns eine Herzensangelegenheit. Denn wir wünschen uns, dass jedes Kind die Hilfe erhält, die es braucht, um sich optimal entwickeln zu können. Und dabei kann das Tragen eine wichtige Rolle spielen. Noch ist es ein unerforschtes Feld der Möglichkeiten, aber mit unheimlich viel Potential. Denn wie wir ja wissen, kann diese Art des Babytransports sowohl aktivieren und regulieren als auch stimulieren und eine bindungsfördernde Interaktion unterstützen. Nachdem wir uns im ersten Teil bereits mit den Vorteilen und möglichen Kontraindikationen des ergonomischen Tragens von Babys und Kleinkindern beschäftigt haben, setzen wir uns in den folgenden Teilen unserer Serie mit den wichtigsten Krankheitsbildern im Detail auseinander. Im zweiten und dritten Teil beschäftigen wir uns daher mit dem Fuß, zunächst mit der Anatomie und Fußentwicklung, anschließend mit entsprechenden Fußfehlstellungen.

Anatomische Merkmale des Fußes im Überblick:

Der Fuß wird eingeteilt in Vor-, Mittel- und Rückfuß, bestehend aus 26 Knochen mit mehrfachen gelenkigen Verbindungen:

  • Oberes/unteres Sprunggelenk
  • Fußwurzelgelenke
  • Zehengelenke
Quelle

Freiheitsgrade und Bewegungsumfänge der einzelnen Elemente:

  • Oberes Sprunggelenk: Dorsalflexion bis 20 °/Plantarflexion bis 40 °
  • Unteres Sprunggelenk: Eversion (Außendrehung)/Inversion (Innendrehung)
  • Vor- und Rückfuß: Pronation bis 20 ° mit Außendrehung im unteren Sprunggelenk und Supination bis 30 ° mit Innendrehung im unteren Sprunggelenk
  • Zehengelenke: Dorsalextension/Plantarflexion

Bogenförmige Struktur (zusammen mit Bändern, Sehnen und Kapseln):

  • Längsgewölbe
  • Quergewölbe

Die Entwicklung der Füße in den ersten Lebensjahren:  

  • Nach der Geburt steht der Fuß noch in sich gerade, erst dann beginnt er langsam sich nach innen zu wenden, sodass die Fußsohlen zueinander gewandt sind.
  • Schon beim ersten Heben des Kopfes arbeiten die Füße als Gegenhalt mit.
  • Mit 7 Monaten, wenn das Kind in Rückenlage nach seinen Füßen greift, wird die erste Formung des Fußgewölbes angeregt, genau wie beim ersten Abstützen des Fußes auf der Unterlage beim Zwergensitz.
  • Beim Hochziehen und dann durch das seitliche Entlanglaufen an Gegenständen formt sich das Fußquergewölbe.
  • Mit 3 Jahren kann das Kind seine Füße auf dem Untergrund abrollen, erst jetzt hat sich aus dem kindlichen Knick-Senk-Fuß ein aufgerichtetes Fußgewölbe geformt.
  • Mit 8 Jahren ist der Fuß vollständig in Quer- und Längswölbung entwickelt, die Füße zeigen beim Gehen dezent nach außen und die Abrollung findet über die äußere Ferse und das Großzehengrundgelenk statt. Dies bedeutet gleichzeitig, dass der Fuß mit 8 Jahren vollständig ausgebildet ist und Fußfehlstellungen danach nicht mehr zu korrigieren sind.

Wie oft kommt es zu Fußfehlhaltungen oder – stellungen?

97 Prozent der Menschen kommen mit gesunden Füßen zur Welt. Lediglich drei bis vier Prozent der Neugeborenen haben Fußfehlhaltungen oder leichte Fehlstellungen mit guter Prognose bei konservativer Behandlung. Erst durch falsche oder nicht optimal passende Schuhe kann es im Laufe der Zeit zu Problemen kommen. Rund 60 Prozent der Erwachsenen haben daher erworbene Fußschäden wie Hallux Vallgus, Krallenzehen oder Spreizfüße.

Der Unterschied zwischen Fußfehlhaltungen und Fußfehlstellungen

Bei Fußfehlhaltungen gibt es keine strukturellen Veränderungen. Sie sind daher passiv vollständig korrigierbar und aktiv nur teilweise. Fußfehlstellungen sind dagegen weder aktiv noch passiv vollständig korrigierbar, da es strukturelle Veränderungen am Kapsel-Band-Apparat, der Muskulatur und/oder den Knochen gibt.

Welchen Beitrag das Tragen zur Entwicklung der Füße leisten kann

Der Greifreflex der Babys direkt nach der Geburt zeigt uns, dass die Füße zum Tragen gemacht sind. Andererseits unterstützt das ergonomische Tragen aber auch die Entwicklung des Fußes zu einem Lauffuß, denn es fördert die natürliche Supinationsstellung. Diese ist Voraussetzung für die spätere Aufrichtung des Fußgewölbes und die Stützfunktion des Fußes für das spätere Gehen und Abrollen. Gleichzeitig gibt dieses Abstützen am Körper der Eltern dem kindlichen Körper einen Aufrichtungsimpuls. Grundsätzlich kann man auch als Trageberater*in an der Haltung bzw. Entwicklung des Fußes sehen, ob es möglicherweise auch im Bereich der Beine, des Beckens oder der Wirbelsäule Auffälligkeiten in der Entwicklung gibt. So zeigen die Fußfehlstellungen immer, dass die Wirbelsäule in sich nicht aufgerichtet und nicht überall frei beweglich ist.

So geht’s weiter: Welche Fußfehlstellungen bei Neugeborenen am häufigsten vorkommen und wie das Tragen hier als Basistherapie unterstützend wirken kann, schauen wir uns im folgenden Teil 3 unserer Reihe genauer an.

Quelle:

Leitfaden Physiotherapie in der Pädiatrie, Hammerschmidt & Koch, 1. Auflage, Elsevier

Der kleine Fuß ganz groß, Zukunft-Huber, 4. Auflage, Elsevier

Babys im Gleichgewicht, Hartz, Höwer, Kienzle-Müller, 1. Auflage, Elsevier

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