Babytragen als unterstützende Therapie für ein Kind mit Down-Syndrom

Babytrage und Kind mit Down Syndrom

Kinder sind Traglinge. Sie werden seit eh und je, über verschiedenste Kulturen hinweg, am Körper getragen. Und das gilt auch für Kinder mit besonderen Bedürfnissen, zum Beispiel für Kinder mit Down-Syndrom (Trisomie 21). Wie jedes andere Baby oder Kind, hat ein Kind mit Down-Syndrom Grundbedürfnisse nach Liebe, Geborgenheit und Kuscheln. Deshalb ist das Tragen in einer Babytrage oder einem Tragetuch ein wunderbarer Weg, um diese Bedürfnisse zu stillen. Mehr noch, es ist sogar besonders vorteilhaft, ein Baby mit Down-Syndrom in der Tragehilfe zu tragen. Warum das so ist, möchten wir euch in unserem heutigen Blogbeitrag erklären. 

Was macht ein Kind mit Down-Syndrom so besonders?

Warum unterscheiden wir überhaupt zwischen dem Tragen eines Kindes und ohne Down-Syndrom? Ganz einfach, weil ein Baby mit Down-Syndrom besondere Bedürfnisse hat. Das Down-Syndrom, auch bekannt als Trisomie 21, ist nämlich eine genetische Erkrankung, bei der das 21. Chromosom nicht zweimal, sondern dreimal vorhanden ist. Das führt zum Beispiel dazu, dass ein Kind mit Down-Syndrom oft eine etwas verzögerte körperliche und geistige Entwicklung hat. Mit der richtigen Unterstützung und Förderung können sie aber ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben führen.

Trotz der Herausforderungen, die das Down-Syndrom mit sich bringen kann, ist es wichtig, dass Kinder mit dieser Besonderheit genauso geliebt, gefördert und in die Gesellschaft integriert werden wie andere Kinder. Eine Möglichkeit, ihre Entwicklung und Bindung zu unterstützen, ist – wie bei allen Kindern – das Tragen mit einer Tragehilfe.

Die Bedeutung des Tragens für ein Kind mit Down-Syndrom

Als treue Ergobaby-Follower wisst ihr ja bereits, dass das Tragen in Babytrage, Tragetuch und Co. eine enge körperliche Nähe ermöglicht, was sich positiv auf den Bindungsaufbau zwischen Eltern und Kind auswirkt. Das wiederum ist wichtig für die emotionale und kognitive Entwicklung des Babys. Außerdem kann das Babytragen auch positive Auswirkungen auf die körperliche Entwicklung haben. Besonders bei Kindern mit Down-Syndrom kann das in der Therapie zusätzlich unterstützend sein. 

Auswirkungen des Babytragens auf die körperliche Entwicklung

  1. Verbesserung der Muskelspannung und -kraft: Weil ein Kind mit Down-Syndrom oft eine etwas niedrigere Muskelmasse und eine geringere Muskelspannung als andere Kinder aufweist, kann das Tragen gerade hier frühzeitig Weichen für das spätere Stehen und Laufen lernen, stellen. Denn in Babytrage und Tragetuch werden die Muskeln durch die Bewegung und die Haltung aktiviert, gestärkt und die Körperspannung des Babys damit verbessert. Allerdings sollte hierbei die Tragehäufigkeit und -dauer individuell auf das jeweilige Baby angepasst werden – daher bitte mit ärztlicher Praxis und Hebamme bzw. Trageberaterin absprechen.
  2. Förderung der Propriozeption und Haltungskontrolle: Babys bekommen in der Trage ein besseres Körperbewusstsein und nehmen ihre Körperhaltung besser wahr. Durch die enge Körpernähe erlangen und stabilisieren sie eine aufrechte Körperhaltung, was die Entwicklung ihrer Haltungskontrolle und des Gleichgewichts fördern kann.
  3. Anregung der sensorischen Entwicklung: Durch die sanften Bewegungsimpulse und die Nähe zu Mamas oder Papas Körper erhält ein Baby mit Down-Syndrom in der Babytrage oder im Tragetuch viele sensorische Reize. Insbesondere die vestibulären Sinneseindrücke, die für das Gleichgewicht und die Raumorientierung zuständig sind, werden so gestärkt.
  4. Förderung der Atmung und Verdauung: Die aufrechte Körperhaltung und die Bewegungsimpulse in der Trage können die Atmung und Verdauung des Kindes positiv beeinflussen, was für eine gesunde Entwicklung wichtig ist.
  5. Gelenke in Mittelstellung: Kinder mit Down-Syndrom haben häufiger hypermobile Gelenke, insbesondere das Hüftgelenk ist hier im Fokus. Das heißt, diese Kinder benötigen mehr Halt und Unterstützung von außen. Eine geeignete Tragehilfe kann hier unterstützen und Überspreizung verhindern.
  6. Stärkung der Eltern-Kind-Bindung: Tragen ermöglicht es Eltern, schneller auf die Bedürfnisse und Signale ihres Babys einzugehen. Das vermittelt dem Baby Sicherheit und Vertrauen und fördert die Co-Regulation. Außerdem zahlt auch die enge körperliche Nähe auf die emotionale Bindung des Kindes ein. Das ist besonders wichtig für Kinder mit Down-Syndrom, da sie oft eine etwas verzögerte Entwicklung aufweisen und mehr Unterstützung benötigen.
  7. Beruhigung und Stressabbau: Die Nähe und Geborgenheit während des Tragens kann ein Kind mit Down-Syndrom beruhigen und möglichen Stress abbauen. Das kann dazu beitragen, Übererregung und Verhaltensauffälligkeiten zu reduzieren und so eine ruhigere und entspanntere Atmosphäre für die Eltern-Kind-Bindung zu schaffen.
  8. Förderung der Kommunikation und Interaktion: Während des Tragens können Eltern leicht mit ihrem Kind kommunizieren, ihm in die Augen sehen und auf seine Signale reagieren. Dies fördert die Entwicklung der Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten des Kindes.
  9. Förderung der Sicherheit und des Selbstvertrauens: Durch die enge Bindung und Nähe während des Tragens fühlen sich Kinder mit Down-Syndrom sicher und geborgen. Dies kann ihr Selbstvertrauen stärken und ihnen Mut geben, ihre Umgebung zu erforschen und neue Erfahrungen zu machen.
  10. Sicheres Zuhause: Da Babys mit Down-Syndrom häufig zu diversen Ärzt*innen müssen, hat das Babytragen den Vorteil, dass die Kleinen sich in der Tragehilfe sicher und geborgen fühlen. Auch, wenn ungewohnte Dinge um sie herum geschehen und sie länger an unbekannten Orten sein müssen. Die Tragehilfe wird quasi zu ihrem Zuhause.
  11. Aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben: Mit einem Baby in der Trage sind Eltern mobiler und können aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben – auch mit einem Baby, das besonders viel Nähe benötigt. Aber nicht nur für die Eltern ist es wichtig, “unter Leute” zu kommen. Auch ein Baby mit Down-Syndrom möchte sich zugehörig fühlen. In Babytrage oder Tragetuch kann es überall mit dabei sein, sozial interagieren und so mitten im Leben sein. 
Baby mit Down Syndrom

Welche Tragehilfen sind für ein Kind mit Down-Syndrom geeignet?

Ein Baby mit Down-Syndrom zu tragen, fördert seine Entwicklung, bedarf jedoch besonderer Aufmerksamkeit, da diese Kinder häufig einen schwachen Muskeltonus und hypermobile Gelenke haben. Grundsätzlich gilt für die Wahl der Tragehilfe: was für euch und euer Baby bequem ist und euch beiden gut tut, ist richtig. Aber: bitte immer in Absprache mit eurem Arzt oder eurer Ärztin. Wichtig ist allerdings, dass ihr darauf achtet, dass die Tragehilfe eine ergonomische Position ermöglicht (Wirbelsäule entwicklungsgerecht gestützt und Beine in M-Position). Außerdem sollte sich die Tragehilfe auf das wachsende Baby und seine Bedürfnisse anpassen lassen, also mitwachsen. Folgende Optionen habt ihr:

  1. Babytragen/Komforttragen: Ergonomische Babytragen sind besonders praktisch, da sie einfach und schnell anzuwenden sind und sie ermöglichen eine enge Bindung mit eurem Kind. Achtet darauf, dass die Babytrage ergonomisch ist, also eine gesunde und dem Entwicklungsstand entsprechende Körperhaltung für euer Baby ermöglicht und die Beine sich in M-Position befinden. Hier ist es ratsam, z.B. mit einer Neugeborenentrage wie der Ergobaby Embrace zu beginnen und später dann auf eine Komforttrage, wie die Ergobaby Omni Breeze, umzusteigen.
  2. GewebteTragetücher z.B. Wickelkreuztrage: Gewebte Tragetücher  können, wenn sie richtig gebunden sind, gerade auch  ein Kind mit Down-Syndrom gut stützen und eine enge Körpernähe und Anpassungsfähigkeit an die Bedürfnisse des Kindes bieten. Sie ermöglichen eine aufrechte, gesunde Körperhaltung und unterstützen die Hüftentwicklung. Allerdings erfordern sie die richtige, zum Kind passende Bindeweise und etwas Übung im Binden und Knoten. Eine Trageberatung kann hier sehr hilfreich sein! Elastische Tragetücher sind meist bei Down-Syndrom nicht empfehlenswert, können aber, je nach Beratung, im Einzelfall auch mal funktionieren.
  3. Hüftsitztragen: Befindet sich das Kind im aktiven Alter (frühestens ab 6 Monate), in dem es ständig auf den Arm und im nächsten Moment wieder runter möchte, ist eine Hüfttrage oder ein Hüftsitz ideal, um den in Sekundenschnelle wechselnden Bedürfnissen des Babys gerecht zu werden. Mit nur einem Klick ist der Hüftsitz angelegt und hält euer Kind nah am Körper – ohne eure Hüfte, euren Rücken oder euren Arm dabei zu belasten. Und der Clou dabei, auch so kann euer Baby seine Muskeln gut trainieren, hat aber gleichzeitig stabilen Halt von unten und Unterstützung bei der Anhockung an eurem Körper. Bitte achtet darauf, dass der Hüftsitz eurem Kind auch richtig passt und vermeidet unbedingt eine Überspreizung der Beine und ein Zusammensacken des Oberkörpers. Auch die Kopfkontrolle, also das selbständige Halten des Kopfes, sollte gut gelingen. Testet am besten mit einer Trageberaterin, ob euer Baby schon bereit für den Hüftsitz ist oder noch etwas Training in einer “normalen” Babytrage benötigt. Auch ein Hüftsitz mit Rückenpanel ist sehr unterstützend.
  4. Ring Slings: Ein Tragetuchstoff mit zwei Aluminiumringen ermöglicht das Tragen besonders gut auf der Hüfte. Bitte bei Interesse mit der Trageberaterin ausprobieren und auf eine gute Kopfstützung achten.
Baby mit Down Syndrom tragen

Die richtige und passende Tragehilfe für euer Baby mit Down-Syndrom auszusuchen, ist sehr wichtig, damit ihr euren Schatz optimal in seiner Entwicklung fördert. Wichtig ist allerdings, dass ihr euch bei diesem Thema Hilfe und Unterstützung holt. Denn Auswahl, Verwendung der Tragehilfe, Tragedauer und -häufigkeit sollten immer individuell auf das jeweilige Kind abgestimmt sein. Besucht auf jeden Fall eine Trageberatung und schaut gemeinsam, was für eure Familie am besten passt. Vielleicht könnt ihr anschließend die ausgewählte Tragehilfe sogar ausleihen und euch das OK bei eurem Arzt oder eurer Ärztin abholen. Dieser/diese sollte immer vor dem Tragen sein/ihr GO geben. Manchmal macht dies auch die Trageberaterin für euch.

Kind mit Down-Syndrom richtig tragen

Ob ihr ein Kind mit Down-Syndrom habt oder nicht, spielt bei der grundsätzlichen Verwendung einer Tragehilfe eigentlich kaum eine Rolle. Auch bei Babys mit Down-Syndrom solltet ihr darauf achten, dass ihr eine für euch passende Tragehilfe findet. Ob Babytrage, Tragetuch oder Hüftsitz – Hauptsache sie ist ergonomisch und ihr und euer Baby fühlt euch wohl damit. Wie ihr euer Baby richtig in der Tragehilfe positioniert, das könnt ihr gemeinsam mit einer Trageberaterin erarbeiten und zusätzlich helfen euch unsere vielen Tragetipps und Anleitungsvideos.

Und dann gewöhnt ihr euer Baby langsam und schrittweise an die Tragehilfe. Achtet genau auf die Reaktionen eures kleinen Schatzes und verlängert Stück für Stück die Tragedauer. Wirkt euer Baby gestresst oder unruhig, legt eine kleine Pause ein. Integriert das Tragen am besten in euren Alltag, nutzt die Tragehilfe bei alltäglichen Dingen wie dem Haushalt oder einer extra Kuscheleinheit. So ist das Anlegen und Üben mit der Tragehilfe nicht noch eine zusätzliche Belastung in eurem Babyalltag. 

Checkliste bzw. Tipps fürs Tragen von Babys mit Down-Syndrom:

  1. Ergonomische Tragehaltung: Beine gut angehockt und leicht gespreizt, Wirbelsäule altersgerecht gut gestützt (Oberkörper sackt nicht zusammen), Kopf bis zur Mitte des Ohres gut gestützt.
  2. Freie Atmung: Achtet bitte darauf, dass euer Baby gut gestützt ist und der Oberkörper nicht zusammensacken kann, gerade wenn es einschläft. Auch sollte das Kinn nie auf seine eigene Brust gedrückt werden. Bitte habt das Gesicht eures Babys beim Tragen stets im Blick.
  3. Überspreizung der Beine vermeiden: Da Kinder mit Down-Syndrom oftmals eine niedrigere Körperspannung und hypermobile Gelenke haben, sollte die Tragehilfe auch gut zu den Proportionen der Eltern passen und die Beine nicht allzu weit auseinanderdrücken. Eine Trageberaterin kennt sich aus und schaut, was gut passt.
  4. Gute Kopfstützung: Bitte immer gewährleisten! Bei Babytragen bitte die gepolsterte Kopfstütze passend einstellen; beim gewebten Tragetuch kann ein kleines Moltontuch oben in der äußersten Kante zur Stützung des Kopfes eingerollt werden, darf aber nicht einengen.
  5. Unterstützung durch die Eltern: Die Hände außen am Becken des Kindes können zusätzlich Halt geben und die Aufrichtung fördern.
  6. Hände zum Mund: Wichtig ist immer, dass euer Baby seine Hände zum Mund führen kann – auch dies fördert die Aufrichtung. 
  7. Nackte Füße: Tragt nach Möglichkeit (warme Umgebung vorausgesetzt) mit nackten Füßen und fasst diese auch immer wieder an. Dies gibt zusätzliche Impulse für die Aktivierung der Muskulatur. Ansonsten geht eine Stimulation der Füße natürlich auch mit Socken, sollte es zu kalt sein.
  8. Unterschiedliche Tragepositionen: Wechselt je nach Alter und Entwicklung immer wieder die Position (Bauch-, Hüft- und Fronttrageweise) und bietet z.B. auch mal die ergonomische Fronttrageweise (frühestens mit 6 Monaten in der Omni Breeze/ Dream oder Alta) an. In dieser Position kann euer Schatz die Kopfkontrolle üben und aktiv Hände und Füße bei einer gemeinsamen Interaktion mit euch einsetzen. Aber Achtung: Das ist Schwerstarbeit für sie oder ihn, daher sind 10 min. oder weniger ausreichend! Die Hüfttrageweise kann die Drehbewegung in der Wirbelsäule aktivieren.
  9. Immer auf Kopf-Kuss-Höhe bei kleinen Babys achten.
  10. Trageberaterin/ Arzt: Bitte in regelmäßigen Abständen Tragehilfe und Anwendung bei Trageberaterin kontrollieren lassen und vorab immer die Erlaubnis des behandelnden Arztes oder der Ärztin einholen.

Kind mit Down-Syndrom in Babytrage tragen

Das Tragen mit Babytrage oder Tragetuch kann für ein Kind mit Down-Syndrom und seine Familie von unschätzbarem Wert sein. Es fördert nicht nur die körperliche Entwicklung, sondern stärkt auch die emotionale Bindung zwischen Eltern und Kind. Mit einer Tragehilfe könnt ihr trotz der Herausforderung, ein Kind mit Down-Syndrom großzuziehen, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und gleichzeitig den besonderen Bedürfnissen eures Babys nachkommen. 

Letztendlich ist das Tragen mit einer Tragehilfe eine einfache, aber wirkungsvolle Methode, um die ganzheitliche Entwicklung von Kindern mit Down-Syndrom zu unterstützen. Es ist ein wertvolles Werkzeug, das Familien auf ihrem Weg begleiten kann. Zählt ihr also zu diesen Familien, können wir euch an dieser Stelle nur herzlichst einladen, das Babytragen auch mit eurem kleinen Schatz auszuprobieren. Es wird euren Alltag bereichern. Garantiert.

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Quellen:

https://www.babyclub.de/magazin/babys-erstes-jahr/tragen-mit-downsyndrom.html

https://www.kindundkegel.de/themen/ratgeber/tragen-als-therapie.html

https://www.didymos.de/media/bd/6a/f7/1628240633/17_Expertentexte-Schulze-Trisomie.pdf?srsltid=AfmBOopm9LZoN_YlRtlqJsD4VVzkyNred0CRRWOYRTxRFn9WKzf0nn2Q

Dresdner TrageTage, Tagungsband 2011, Tragen von hypotonen Kindern

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