(Foto von: Polina Tankilevitch) Unsere Füße sind echt interessante und bemerkenswerte Hochleistungsgliedmaßen. Sie tragen uns viele, viele Jahre durchs Leben und haben dabei einiges an Gewicht zu schleppen – nicht zuletzt während einer Schwangerschaft. Umso wichtiger ist es, ihnen von Anfang die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Außerdem zeigen sie uns eine Menge über den Verlauf der kindlichen Entwicklung. Nachdem wir in Teil 1 und Teil 2 dieser Serie unter anderem die Anatomie der Füße kennengelernt haben, wollen wir uns heute nun mit den drei häufigsten Fußfehlstellungen, ihrer Behandlung und der Rolle des Tragens im Hinblick auf eine optimale Unterstützung beschäftigen.
Ursachen und Auftreten von Fußfehlstellungen
Zu den häufigsten kindlichen Fußdeformitäten gehören der Sichel-, der Hacken- und der Kletterfuß. Häufig ist hier keine genaue Zuordnung zu einer Fehlstellung möglich, da auch Kombinationen verschiedener Fußdeformitäten vorkommen können. Die Ursache ist oftmals nicht genau zu ermitteln. Man geht davon aus, dass diese eine Kombination aus externen und genetischen Einflüssen ausmacht.
Normalerweise lassen sich Fußdeformitäten schon bei der Geburt oder kurze Zeit später erkennen. Klar ist, dass jedes auffällige Kind einem Kinderarzt beziehungsweise Kinderorthopäden vorgestellt werden sollte, um eine entsprechende Behandlung einleiten zu können. Im Anschluss wird der Fuß dann mit Hilfe von Physiotherapie mobilisiert.
Warum die Füße zum Tragen gemacht sind
Durch die genetisch verankerten Bewegungsmuster entwickelt sich das Baby erst in Rückenlage, dann in Bauch- und zuletzt in Seitenlage eigenständig weiter. Hierbei bewegt sich der Fuß nicht isoliert, sondern vom Hüftgelenk bis zum Zeh. So ist es sehr spannend anzusehen, dass wir bei einem Baby in den ersten Monaten folgendes Bewegungsmuster sehen können: Außenrotation und Abduktion des Hüftgelenks mit Hüft- und Kniegelenkflexion sowie Supinationshaltung des Fußes.
Diese Haltung ist zudem die natürliche Haltung zum ergonomischen Getragenwerden, gemäß dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Das Kind befindet sich im Dreiklang auf der elterlichen Hüfte (Abduktion, Flexion, Außenrotation), beide Hüftgelenke sind gebeugt, abgespreizt und leicht nach außen gedreht. Die Kniegelenke zeigen an den Schultergelenken vorbei nach außen. Zunächst haben wir bei kleinen Babys eine stärkere Anhockung als bei älteren. Auch die Füße werden beim Tragen normalerweise im Sprunggelenk im rechten Winkel hochgezogen, die Fußsohlen zeigen leicht zu den Eltern und stützen sich an deren Körper leicht ab.
Die drei häufigsten Fußfehlstellungen bei Neugeborenen
1. Der Sichelfuß
Hier liegt eine Adduktion des Vorfußes gegenüber dem Rückfuß vor; die Zehen folgen dem Vorfuß, mit einer starken Beugung. Der Sichelfuß tritt häufig im Zusammenhang mit Hüftdysplasie sowie einer auf das Zwei-bis Dreifache der Norm gesteigerte Innenrotation des Unterschenkels auf. Die Außenrotation ist um die Hälfte verringert.
Inzidenz: 2 :100, Jungen sind 2 bis 3 Mal häufiger betroffen als Mädchen
Ursachen: intrauteriner Platzmangel, Fruchtwassermangel, Myome, Steißlagen, verstärkt durch Bauchlage, Muskelungleichgewicht der Fußmuskulatur, familiäre Disposition.
Einfluss aufs Tragen: Beim Sichelfuß entstehen durch die Kontrakturen von der Hüfte bis zum Fuß Gelenkblockierungen: Hüfte in Adduktion, dies verstärkt die Innenrotation des Oberschenkels, auch der Unterschenkel ist nach innen gedreht und verstärkt die Inversion des Fußes. So ist die funktionelle Länge des Fußes verkürzt.
Therapie: ärztliche Behandlung, Physiotherapie, sehr selten Gips, Nachtlagerungsschienen, Einlagen, sehr selten Operation.
2. Der Kletterfuß
Der Fuß ist steil nach unten geneigt und nach innen gedreht. Der Vorfuß sieht wie eine Sichel aus und die Zehen ziehen nach innen.
Ursachen: intrauteriner Platzmangel
Therapie: konservative Behandlung, Physiotherapie, Orthesen, Versorgung mit Schienen, Redressionsverbände
3. Der Hakenfuß
Fußfehlstellung mit Dorsalextensionsstellung und eingeschränkter Plantarflexion im OSG. In seltenen Fällen berühren die Zehen fast das Schienbein.
Inzidenz: häufigste Fußdeformität im Neugeborenenalter, kann ein- oder beidseitig auftreten.
Ursachen: intrauterine Zwangshaltung, z. B. bei Steißlagengeburt oder auch durch Fruchtwassermangel, neurogen durch Begleiterkrankung bei muskulärer Dysbalance bei Spina bifida.
Einfluss aufs Tragen: Mit dem bekannten Bewegungsmuster aus Abduktion, Außenrotation mit Hüft- und Kniebeugung steht der Fuß in der Mittelposition, die Ferse ist nicht mehr valgisiert (nach innen geknickt), sondern steht in Mittelstellung, der Fuß wird dann supiniert. Je mehr der Säugling ab dem 4. Monat die Beine beugt und nach außen rotiert, desto ausgeprägter wird die Supination im Fuß. Mit zunehmender Supination verschwindet dann der Fersenvalgus (ähnliche Haltung wie beim Tragen).
Therapie: Spontanheilung möglich, wenn im Röntgenbild alles unauffällig ist (durch die genetisch veranlagten Bewegungsabläufe: bis zur 6. Woche steht der Fuß sowieso in Eversionshaltung, ab dem 3. Monat bleibt der Kopf in der Mitte und der Rumpf stabilisiert sich, Hüfte und Füße werden nach außen rotiert). Ansonsten unterstützend Physiotherapie (Mobilisation), Gips, Orthese.
Tipps zum Tragen von Babys mit diesen Fußfehlstellungen und –haltungen:
0-3 Monate:
- Beste Position ist die Bauchtrageweise
- Ein guter Halt, der viel Stabilität für den ganzen Körper bietet
- Nackte Füße (je nach Temperaturen) und ständige Stimulation (auch durch die Hände der Eltern)
- Korrekte Trageposition mit physiologischem Dreiklang (FLEX 110°/ABD 35°/AR)
- Haltungsaufbau von den Sitzbeinhöckern
- Arme in Flex
- Innenrotation im Hüftgelenk ist unbedingt zu vermeiden
- Gut gestützter Kopf, ohne zu fixieren
- Steigbügelhaltung mit den Händen (Fuß wird wie bei einem Steigbügel von unten gehalten) anbieten à Füße sind leicht nach innen geneigt (Längs- und Quergewölbe entwickeln sich)
- Bequem und ergonomisch für alle
4-14 Monate:
- Alle Tipps aus Monat 0-3 gelten weiter
- Zusätzlich fortschreitende Entwicklung beachten und Winkel entsprechend anpassen (die Anhockung verringert sich)
- Hand-Mund-Koordination muss möglich sein
- Ergonomische Fronttrageweise (ab ca. 5-7 Monaten) als Aktivposition zu Hause (es bewegt sich der gesamte Körper, aktiver Einsatz von Füßen und Händen, symmetrisch und asymmetrisch)
Beste Trage hierfür: Omni Breeze oder Dream
- Mit fortschreitendem Alter auch andere Tragepositionen, z.B. Rücken, möglich
In Teil 4 unserer kleinen Serie beschäftigen wir uns dann mit Symmetriestörungen im Kopf- und Halswirbelsäulenbereich. Wer mehr zu den Fußfehlstellungen, aber auch zu allen anderen hier erwähnten Krankheiten erfahren will, findet weitere Informationen im Leitfaden Physiotherapie in der Pädiatrie (Hammerschmidt, Koch) und im Buch Der kleine Fuß ganz groß (Zukunft-Huber).