Bauchlage – warum sie für Babys so wichtig ist

Hand aufs Herz: Wie oft legt ihr euer Baby in die Bauchlage? Unsere Expertin Katrin Ritter, Hebamme und Trageberaterin, stellt bei ihrer Arbeit mit Eltern und Säuglingen immer wieder fest, dass Mamas und Papas ihr Baby eher selten in die Bauchlage drehen. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen gibt es eine große Verunsicherung rund um die Bauchlage, da sie mit dem plötzlichen Kindstod (unerwartetes und unerklärliches Versterben eines Babys im Schlaf in den ersten zwei Lebensjahren) assoziiert wird.

War es früher noch schön kuschelig im Baby-Bettchen mit Decke, Kissen und Kuscheltier – so gilt heute: weniger ist mehr. Zur Risikoreduktion gehören deshalb schon seit längerem der Schlafsack und die Rückenlage zur Standardempfehlung. Darum wird die Bauchlage aber auch automatisch oft im wachen Zustand vermieden. Zum anderen ist die Bauchlage für das Baby natürlich anfangs nicht so einfach, da der Kopf sehr schwer ist und gehalten werden muss. Die Aufrichtung der Wirbelsäule in die doppelte S-Form, wie Erwachsene sie haben, ist noch nicht vollzogen und die Hüftgelenke sind nach vorne orientiert. Das bedeutet, dass euer Baby die Beine weder in Rücken- noch in Bauchlage gerade auf der Unterlage ablegen kann. Daher ist es für euer Baby in den ersten Monaten auch in der sog. Anhock-Spreiz-Haltung (M-Position), wie beim Tragen am elterlichen Körper, am entspanntesten. Bei der Bauchlage allerdings müssen unsere Kinder aktiv mitarbeiten und so kann es sein, dass euer Schatz auf dem Bauch liegend schnell meckert und sich beschwert.

Und jetzt kommt das große ABER: Diese Position ist enorm wichtig, damit sich euer Baby motorisch altersgerecht weiterentwickeln kann. Ihr könnt damit also Entwicklungsverzögerungen und Asymmetrien vermeiden. Liegt euer Baby viel auf dem Rücken, kann es zum Beispiel einen flachen Hinterkopf entwickeln. Zudem hat die Bauchlage viele weitere Vorteile, so fördert sie z.B. die Aufrichtung, das Gleichgewicht, die Koordination, die Kraft und das Greifen. Darum ist es auch so wichtig, euer Kleines schon von Anfang an in Wachphasen an die Bauchlage zu gewöhnen, damit es diese Position lieben lernt.

Ein guter Start beginnt direkt nach der Geburt auf Mamas Brust oder Bauch. Hier findet euer Baby Nähe und Geborgenheit. Dies kann auch zum Schlafen am Nachmittag ein guter Ort sein, um mit Mama und Papa ein bisschen Kuschelzeit zu verbringen. Auch beim Tragen im Fliegergriff liegt euer Kind auf dem Bauch und muss seinen Kopf halten. Das kann ein sanfter Einstieg sein – gerade bei Babys, die Schwierigkeiten mit der Bauchlage haben. Eine weitere Unterstützungsmöglichkeit ist die 3-Stufen-Lagerung. Das bedeutet, das Baby liegt auf einem dreifach gefalteten Handtuch, so dass der Kopf die höchste Position hat, der Oberkörper die mittlere und der Po mit Becken auf der untersten Stufe liegt.

So wird verhindert, dass zu viel Gewicht auf dem schweren Kopf liegt, und es unterstützt den Gewichtsverlauf innerhalb der Schwerkraft.

Zusätzlich kann eine kleine Handtuch- oder Stoffwindelrolle diagonal von Schulter zum Becken unter den Bauch gelegt werden. Diese bringt das Gewicht eher auf eine Seite und macht Platz für Anpassungsbewegungen. Bei etwas größeren Babys könnt ihr ein zum „U“ gerolltes Handtuch oder ein Stillkissen unter den Oberkörper legen, so dass euer Baby beide Arme darüber nehmen kann. Die einfachste Art ist aber tatsächlich das angewinkelte Bein eines Elternteils auf dem Boden, so dass dies die gleiche Funktion übernimmt wie die Handtuchrolle oder das Stillkissen. Sobald euer Baby in seiner Entwicklung weit genug ist, können natürlich auch Spielsachen wie z.B. eine Rassel oder ein Greifball die Bauchlage interessanter machen. Fakt ist: Je mehr es seine Muskulatur trainiert, desto einfacher kann es auch seine Umwelt wahrnehmen und wird diese Position immer mehr lieben.

Gute Gründe, warum die Bauchlage bei Babys zum Alltag dazu gehören sollte:

  1. Sie fördert die Verdauung und löst Bähungen.
  2. Sie trainiert das eigenständige Halten des Kopfes.
  3. Sie fördert eine symmetrische Kopfform, beugt flachem Hinterkopf vor.
  4. Sie trainiert die Augen (perfekter Abstand zur Auflagefläche).
  5. Sie fördert die motorische Entwicklung insgesamt, auch der Arme und Hände.
  6. Sie trainiert das Gleichgewicht.
  7. Sie fördert die Aufrichtung der Wirbelsäule.
  8. Sie trainiert Rumpf-, Hals- und Zungenmuskulatur und fördert den Mundschluss.
  9. Sie fördert eine tiefe Atmung.

Also: Wie ihr seht, ist die Bauchlage ein absoluter Alleskönner, auf den nicht verzichtet werden sollte. Darum beginnt mit der Bauchlage am besten so früh wie möglich, am besten mehrmals am Tag, immer mal zwischendurch, wenn das Baby wach ist. In den ersten acht Wochen genügen 20 bis 30 Sekunden am Stück. Ab dem dritten Monat können es schon mehrere Minuten sein, ab dem sechsten Monat die Hälfte der Wachphasen. Natürlich gilt auch hier wieder das Prinzip: möglichst ein vielfältiges Angebot machen. Dazu gehört u.a. natürlich auch das Tragen, denn viele unterschiedliche Perspektiven und Positionen fördern die Entwicklung eures Kindes auf allen Ebenen und ermöglichen es, die Welt in allen Facetten entdecken und begreifen zu können.

Quelle:

  • Warum ist die Bauchlage für Säuglinge so wichtig? – Deutsche Zeitschrift für Osteopathie, Noori Mitha, 3/2013
  • Babys in Bewegung, 4. Auflage, Urban & Fischer