Porträt-Reihe: An deiner Seite Folge 2: Projekt Frühe Hilfen vom Drogenhilfe Nordhessen e.V.

Es gibt Situationen im Leben, da ist man auf Hilfe angewiesen. Kleine oder große Veränderungen stellen einen vor neue Herausforderungen oder bringen einen gar in Notsituationen. Dann ist es schön zu wissen, dass es jemanden gibt, der einem hilft. Der einen an die Hand nimmt oder in den Arm; der die richtigen Worte findet; der weiß, wie es weitergeht oder zumindest dabei hilft, den richtigen Weg zu finden. In unserer Reihe „An deiner Seite“ stellen wir Initiativen, Projekte oder Einzelpersonen vor, die genau das tun: da sein und helfen.

„Die Trage hat mich gerettet, ich habe meine Prüfung bestanden.“ Das sind Worte, die Brigitte Vesper vom Verein Drogenhilfe Nordhessen e.V. ganz besonders freuen. Denn sie bestätigen, dass die Diplom-Pädagogin, Heilpraktikerin und Verhaltenstherapeutin mit ihrem Projekt „Frühe Hilfen“ auf dem richtigen Weg ist. „Wir haben viele Alleinerziehende in unserem Projekt. Diese junge Mutter ist eine Studentin, die nur noch eine mündliche Prüfung bestehen musste“, erklärt sie uns den Fall. Durch ihr Baby hatte sie sich lange nicht zugetraut, sich soweit vorbereiten zu können, um die Prüfung überhaupt anzugehen. „Mit dem Baby in der Trage und dem Buch in der Hand konnte sie aber dann doch jeden Tag ca. 2 Stunden lernen und hat bestanden.“

Die junge Studentin ist nur ein Fall von vielen in dem Projekt, das Brigitte Vesper seit 2008 für den Verein Drogenhilfe Nordhessen koordiniert. Für insgesamt vier nordhessische Landkreise hat der Verein dieses Modellprojekt entwickelt und leistet damit Entwicklungs- und Sozialberatung für werdende und frisch gebackene Eltern. Eine Herzensangelegenheit für Brigitte Vesper, die ihr aber scheinbar nicht genug war. Denn 2014 rief sie schließlich ehrenamtlich noch ein weiteres Projekt ins Leben, das Tragehilfenprojekt, welches sie bis heute leitet. Ressourcenschwache und belastete Familien, Alleinerziehende und sehr junge Eltern sollen von dem Angebot profitieren. Sie können sich bei ihr melden, werden über unterschiedliche Tragehilfen aufgeklärt und können diese für einen gewissen Zeitraum ausleihen. „Darüber hinaus bin ich im ständigen Austausch mit Familienhebammen, treffe mich einmal im Jahr mit ihnen und erkläre ihnen, welche neuen Tragen auf dem Markt sind, was sie können und wie sie eingesetzt werden können“, so Vesper.

Weil viele ihrer Mütter in der Schwangerschaft rauchen und die Säuglinge dadurch bei Geburt sehr klein sind, werden nicht selten zunächst elastische Tragetücher eingesetzt. Erst später empfiehlt sie dann die Komforttrage. „Die Babytragen werden also hin- und her getauscht und müssen einiges aushalten. Vor allem die früheren Performance und Organic Tragen von Ergobaby – die mit dem alten Logo – sind bei uns schon lange im Einsatz und haben bereits viele Babys durch die ersten Lebensmonate und -jahre gebracht.“
Rund 1000 Trageberatungen hat sie seit 2014 direkt mit jungen Eltern durchgeführt, gut 400 davon haben sich daraufhin für eine Ergobaby Babytrage entschieden, insbesondere für die Adapt oder Omni 360. „Gerade bei Eltern, die wenig Geduld aufbringen, muss die Trage intuitiv zu bedienen sein, das heißt, die Bedienung sollte so einfach wie möglich und leicht verständlich sein“, erläutert Brigitte Vesper uns.

Man merkt ihr an, dass sie auf Tragehilfen schwört. Aber warum spielt das Babytragen für die Projektkoordinatorin so eine „tragende“ Rolle? „Weil die Nähe beim Tragen die Eltern-Kind-Bindung positiv beeinflusst“, antwortet Brigitte Vesper sofort. „Viele unserer Klienten bei der Drogenhilfe Nordhessen e.V. leiden als Jugendliche und Erwachsene unter Identitätsstörungen, die ihre Wurzeln in der frühen Kindheit haben.“ Wer früh emotionale Distanz erlebt hat, sei später nicht in der Lage, seine Gefühle selbst zu regulieren. Das sei der Grundstein für emotionale Instabilität. Und genau das sei wiederum bei vielen psychisch Kranken oder Suchtkranken der Fall, so Vesper. „Deshalb ist das Tragehilfenprojekt so wichtig und auch so erfolgreich. Damit bieten wir frühzeitig und niedrigschwellig eine bindungs- und entwicklungsfördernde Unterstützung an.“

Nähe, Geborgenheit, Sicherheit – das sind Grundbedürfnisse, die ein Baby nun mal verspürt. Und diese können Eltern dem Kind beim Tragen automatisch und dauerhaft erfüllen. „Eine ausgeprägte frühe Bindung hat wirklich Auswirkungen auf alle weiteren Entwicklungsschritte und damit auch auf spätere Bildungschancen“, sagt Brigitte Vesper. Für sie gehören Bindung und Bildung eindeutig zusammen. Dazu kommt, dass das Tragen für Eltern und Kind ein Glücksfaktor sei. „Fast alle Eltern berichten, dass getragene Babys ruhiger und zufriedener sind, wodurch auch die Eltern mehr Gelassenheit im Umgang mit den Babys gewinnen.“ Folglich sind die Eltern dem Kind emotional zugewandter und gehen liebevoller mit ihm um. Etwas, das Brigitte Vesper auch oft von Vätern zu hören bekommt: „Ich habe mit meinem Kind in der Trage zum ersten Mal richtig was gefühlt…“ oder „Ich will auch so etwas Gutes haben wie Stillen, ich möchte Tragen lernen“ sind zwei Momente bei ihrer Arbeit, an die sich die engagierte Projektleiterin nur zu gern zurückerinnert. Sätze, die sie berühren, denn sie belegen erneut, dass sich ihr Einsatz lohnt. Jeden Tag aufs Neue.