Laut Statistischem Bundesamt kommt fast jedes dritte Kind per Kaiserschnitt zur Welt (2017). Deshalb wollen wir euch mit unserer kleinen Expertenreihe viele nützliche Tipps und Infos an die Hand geben, damit ihr vorbereitet seid, wenn es bei euch – aus welchem Grund auch immer – zu einer Sectio kommt. In unserem Kickoff-Beitrag zu dieser Reihe hat euch unsere liebe Hebamme und Trageexpertin Katrin bereits über die Gründe, aber auch Risiken einer Entbindung per Kaiserschnitt aufgeklärt. Heute möchte sie euch verraten, was ihr konkret tun könnt, um euch und eurem Baby die Situation zu erleichtern. Denn das Wichtigste ist, dass ihr gut für euch sorgt und es euch und eurem Nachwuchs gut geht – und zwar schon im Kreißsaal und im OP.
Also, was können Eltern aktiv tun?
- Auf jeden Fall solltet ihr in der Schwangerschaft einen Geburtsvorbereitungskurs besuchen – unbedingt auch gemeinsam. Hier bekommt ihr schon einmal erste Tipps und Infos von der Hebamme.
- Beschäftigt euch bereits in der Schwangerschaft mit dem Gedanken, dass die geplante spontane Geburt des Babys unter Umständen auch im Kaiserschnitt enden kann. Seid gedanklich offen für alles und durchdenkt eure Erwartungshaltung an die Geburt. Denn es kann immer anders kommen als geplant.
- Ein im Voraus geplanter Kaiserschnitt (primäre Sectio) ist einfacher zu verarbeiten als eine plötzlich überraschende Schnittentbindung. Trotzdem gilt auch hier: Ruhe bewahren und immer Fragen stellen, wenn ihr euch unsicher fühlt.
- Packt in euren Klinikkoffer alles ein, was euch in einer solchen Situation gut tun könnte: z.B. Lippenpflege, Feuchttücher mit Wasser fürs Gesicht und um sich frisch zu machen, Lagerungskissen, Knierolle, Lieblingskissen, Baumwollshirts zum Knöpfen (damit man schnell aus dem OP-Hemd rauskommt), eigene Musik, Bonding-Top für den OP und/oder für danach, Pucksack, Mütze und eine warme Decke fürs Kind (damit jederzeit ein Hautkontakt möglich ist oder weil das Kind gerade nicht auf der nackten Haut bei Mama oder Papa liegen kann), Essen und Trinken für den Vater, Strickjacke oder Sweatshirt-Jacke für den Vater (damit dieser beim „Bonden“ nicht friert und das Kind warm hält), ggf. auch eine Wolldecke.
- Wenn die Zeit es zulässt, sprecht vorher in Ruhe mit dem Operateur und der Hebamme über die Abläufe: Kann der Vater mit in den OP? Kann er bei der Erstversorgung des Babys dabei sein? Kann das Baby direkt nach der Erstversorgung, noch auf dem OP-Tisch, bei der Mutter auf die nackte Brust bzw. in das Bonding-Top? Wenn nicht, kann der Vater sich mit dem Kind irgendwo hinsetzen und das Kind auf nackter Haut bonden? Den Wunsch äußern, dass das Baby möglichst zeitnah angelegt werden soll (je früher, desto besser für den Aufbau einer guten Stillbeziehung und für das Anregen der Milchbildung), über die Möglichkeit des Anlegens auf dem OP-Tisch sprechen oder eben sofort nach Ende des Eingriffs.
- Bittet die Hebamme oder das Pflegepersonal nach dem Kaiserschnitt um Hilfe, damit sie euch bei einer bequemen Lagerung unterstützen – auch zum Stillen (Still- und Lagerungskissen zur Hilfe nehmen).
- Sollte aus ärztlicher Sicht nichts dagegensprechen, das Kind warm eingepackt (Bonding-Top und Mütze, ggf. Söckchen, Decke) lange auf der nackten Haut (Mama oder Papa) bei sich haben und immer wieder anlegen – erst viel später auf der Station anziehen (lassen).
- Fragt die Hebamme nach Globuli, z.B. Arnica zur Wundheilung, oder sprecht es vorher mit der Wochenbetthebamme ab.
- Wenn alles komplikationslos verläuft, lasst den Blasenkatheter schnell ziehen und steht so früh wie möglich auf – aber bitte nie allein! Beim Wasserlassen kann es euch entspannen, wenn ihr euch gleichzeitig mit lauwarmem Wasser abspült. Reizungen können so gemindert werden. Aber Vorsicht: Naht nicht nass machen.
- Immer wenn ihr Harndrang verspürt, geht zur Toilette.
- Nehmt euch Zeit für den Toilettengang und legt das Kind vorher sicher ins Bettchen.
- Achtet auf der Toilette auf die richtige Haltung: setzt euch vollständig auf die Brille (vorher und nachher desinfizieren!), sorgt bei beiden Füßen für guten Bodenkontakt, entleert dann die Harnblase vollständig und unterstützt dies ggf. zum Ende durch Beckenbewegungen in alle Richtungen. Bleibt dann noch kurz sitzen und „schnürt“ den Beckenboden gedanklich wieder bewusst zu.
- Wichtig ist jetzt das Aufstehen über die Seite: dreht euch vom Rücken in die Seitenlage mit aufgestellten Beinen (eine Hand kann leicht auf die Narbe gelegt werden), stützt euch dann über den untenliegenden Unterarm ab und drückt euch mit der oberen Hand vom Bett ab. Während sich der Oberkörper hebt, bewegen sich die Beine Richtung Boden, bis ihr dann vollständig auf dem Bettrand sitzt.
- Fragt eure Hebamme und das Pflegepersonal, wenn ihr unsicher seid und bittet um Unterstützung. Ihr könnt auch nach Physiotherapie zur Hilfe bei der Mobilisation fragen.
- Und wie immer gilt: Immer auf das eigene Bauchgefühl hören und sagen, was ihr braucht!
Wenn ihr diese 15 Hinweise verinnerlicht, solltet ihr gut auf die Zeit im Kreißsaal und im OP vorbereitet sein. In unserer nächsten Folge erfahrt ihr dann, was ihr in den ersten Tagen nach der Entbindung per Kaiserschnitt tun könnt. Denn es gibt ein paar Tipps, die euch und eurem Baby den Start erleichtern können. In diesem Sinne, seid gespannt!
Quelle:
Hebammenkunde- Stiefel, Brendel, Bauer, 6. Auflage, Thieme Verlag
Nach der Geburt- Wochenbett und Rückbildung- Angela Heller, 2002, Thieme Verlag