Von manchen wird er als unverzichtbar angesehen, von anderen eher als überflüssiger Hechelkurs belächelt: der Geburtsvorbereitungskurs. Wir haben unsere Hebamme Jasmin mal gefragt, was sie denn von so einem Kurs hält und wie dieser im Idealfall aussehen sollte.
Ein Geburtsvorbereitungskurs ist ein Klassiker der Hebammenarbeit. Es gibt Kurse über mehrere Wochen oder Wochenendkurse – für Frauen, Paare oder Mehrgebärende. Am schönsten ist es eigentlich, den Kurs bei der Hebamme zu belegen, die auch die Wochenbettbetreuung übernehmen wird. So können sich der Kontakt und das Vertrauensverhältnis vertiefen. In der Regel kennen sich alle Hebammen gut mit den Gepflogenheiten der umliegenden Kreissäle aus.
Übernimmt die Krankenkasse die Kosten?
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen bis zu 14 Stunden Geburtsvorbereitung, wobei die Stundenaufteilung der Kursanbieterin obliegt. Die Gebühr für den Partner wird leider meist nicht erstattet, einige Krankenkassen übernehmen jedoch einen Anteil. Hierzu sollte man sich am besten einfach direkt bei der Krankenkasse nach einer Kostenübernahme erkundigen.
Wann sollte man den Kurs besuchen?
Ein sinnvoller Zeitpunkt, um sich auf die Geburt vorzubereiten, ist das Ende des zweiten Trimesters. Spätestens vier Wochen vor dem errechneten Termin sollte der Kurs dann abgeschlossen sein, damit einige Anschaffungen noch in Ruhe getätigt werden
können und ausreichend Zeit verfügbar ist, um zum Beispiel die richtige Atmung zu üben. Die Kurse haben sehr unterschiedliche Schwerpunkte und sind je nach Anbieterin sehr unterschiedlich aufgebaut. Einige Kurse sind zum Beispiel sehr körperbetont mit vielen Übungen und Atemtechniken, andere rein informativ. Ratsam ist es, sich vorher genau zu überlegen was man möchte und sich darüber zu informieren, welche Schwerpunkte die Hebamme mit ihrem Kurs setzt. So kann einer Enttäuschung vorgebeugt werden.
Allein oder mit dem Partner?
Ich persönlich finde es sinnvoll, zu zweit an einem Kurs teilzunehmen: Zum gleichen Zeitpunkt die gleichen Informationen und Anregungen zu erhalten, ist so viel schöner als
dass die Schwangere ihrem Partner häppchenweise Infos aus dem Kurs mitbringt. Die Kurse schaffen oft das erste Mal in der Schwangerschaft einen bewussten Raum, in dem das Paar sich zusammen um die bevorstehende Geburt und die damit einhergehenden Lebensveränderungen kümmert. Für viele ist dies wirklich eine schöne und berührende Zeit!
Wir alle wissen, dass der Partner ein wichtiger Einflussnehmer auf die Schwangere ist. Daher ist es einfach sinnvoll, ihn quasi „mit im Boot“ zu haben, damit er im Wochenbett eine gute Unterstützung ist und das Paar gut zusammenarbeiten kann. Die Männer erlebe ich im Kurs immer als sehr interessiert. In Gruppenarbeiten brauchen sie aufgrund des intensiven Austausches oft viel länger als ihre Frauen, was toll ist, und die Frauen nicht selten erleichtert und überrascht schmunzeln lässt.
Wie kann ein Geburtsvorbereitungskurs aussehen?
Viele Männer sorgen sich im Vorfeld, dass in solch einem Kurs „peinliche“ Übungen stattfinden oder sie vor der Gruppe laute Atemtechniken wie das Tönen (lautes Ausatmen auf A, O, usw) üben sollen. Nach fast 20 Jahren Kursarbeit setze ich in der modernen Geburtsvorbereitung allerdings auf einen Wechsel zwischen Information – mit Hilfe visueller Kursmittel wie Geburtsatlas sowie Modellen von Neugeborenen, Becken und Plazenta – und Körperübungen, um das Ungeborene optimal auf das Becken einzustellen und um die tiefe Bauchatmung zu erlernen. Letzteres hilft dabei, dass das Baby unter den Wehen optimal mit Sauerstoff versorgt wird und die Muskulatur der Mutter gut entspannen kann. Ich habe mich dabei ganz bewusst gegen das Üben des Tönens entschieden. Erleichterndes Tönen kommt unter der Geburt eh ganz von selbst. Im Kurs mache ich allerdings dieses lautere Atmen selbst häufig vor, um zumindest einen Eindruck zu vermitteln.
Schön ist es auch, wenn im Kurs zwischen Stühlen und Matten auf dem Boden gewechselt werden kann. Das durchgehende Sitzen auf dem Boden ist nämlich für die meisten Kursteilnehmer sehr anstrengend. Hierzu kann man sich vorab einfach bei der Kursleiterin nach den Gegebenheiten erkundigen.
Welche Themen werden besprochen?
In den verschiedenen Geburtsvorbereitungskursen gibt es thematisch die unterschiedlichsten Schwerpunkte. Es ist zum Beispiel sinnvoll, die verschiedenen Geburtsvorbereitungen anzusprechen, im Falle einer normalen Geburt den gesamten Geburtsablauf durchzugehen und die verschiedenen Gebärhaltungen zu erläutern – meist ist das für die Männer ein sehr interessanter Part. Darüberhinaus sollte die Atmung mit allen geübt werden, damit die Männer ihre Frauen optimal unterstützen können. Diesen Punkt geben viele von ihnen oft als besonders wichtig an. Auch mögliche Komplikationen sollten angesprochen werden, damit man nicht völlig überrascht wird, wenn die Geburt beispielsweise mit einer Saugglocke beendet werden muss. Weitere Themen sind der Ablauf des Bondings, des ersten Stillens sowie der Beginn des Wochenbettes (umfasst die ersten 8 Wochen nach der Geburt). Schriftliche Informationen, wie zum Beispiel der Inhalt der Kliniktasche, eine Liste mit sinnvollen Anschaffungen für das Wochenbett und für den optimalen Stillstart runden das Angebot schön ab.
Von mir persönlich gibt es also ein ganz klares JA zur Geburtsvorbereitung – und zwar zu zweit und mit dem passenden Kurskonzept!