Unser heutiger Expertentipp des Monats ist eigentlich kein Tipp im direkten Sinne. Dennoch kann die Antwort auf die oben gestellte Frage helfen, den Alltag zu erleichtern. Denn der Beitrag von Trageberaterin Mieke beantwortet die Frage, die so manchem von uns sicherlich schonmal begegnet ist. Durch Freunde, Familie oder aber durch uns selbst.
Würden wir Menschen unsere Baby austragen bis sie fertig ausgereift sind, würde eine Schwangerschaft einige Wochen länger dauern. Das würde der mütterliche Körper wahrscheinlich schwer verkraften. Also werden Menschenbabys so spät geboren, dass sie bei guter elterlicher Sorge problemlos lebensfähig sind, und gleichzeitig so früh, dass die Schwangerschaft für die Mutter im Normalfall keine Gefahr darstellt. Menschen werden daher als sogenannte aktive Traglinge geboren, die am Körper ihrer Eltern nachreifen.
Ein Baby weint, weil es die Welt nicht versteht
Wird ein Neugeborenes also getragen, erfüllen die Eltern einfach nur die Urbedürfnisse ihres Kindes - auch wenn sie es den ganzen Tag tragen. Die Angst, ein hilfloses Baby durch Nähe zu verwöhnen, ist ein Phänomen der hochindustrialisierten Nationen - jedes Naturvolk würde verständnislos mit dem Kopf schütteln, würde von ihnen verlangt werden ein Baby im anderen Raum weinen zu lassen. Bei allen vorindustriellen Bevölkerungsgruppen ist die Nähe zwischen Mutter und Kind ein Hauptmerkmal in der Aufzucht ihrer Kinder. Bei den in der Kalahari-Wüste lebenden Kung San haben die Säuglinge in den ersten Wochen um die 90% des Tages Körperkontakt mit einer Bezugsperson (normalerweise der Mutter). Und auch nachts schlafen die Kinder in den ersten Jahren bei der Mutter. Die Erziehungsphilosophie der Kung San ist die folgende: „Man kann die einzelnen Entwicklungsstufen eines Kindes nicht beschleunigen, wer nicht sofort auf die Bedürfnisse des Kindes reagiert, begeht eine Form von Vernachlässigung. Ein Baby weint, weil es ein Baby ist, das die Welt noch nicht versteht. Erst wenn es älter wird und die Welt zu verstehen lernt, wird es auch weniger weinen."
Eltern und Kind profitieren vom Tragen
So wie für die Kung San ist für nahezu alle Naturvölker der enge Körperkontakt zwischen Mutter und Kind normal - sogar die Eskimo haben ihre Kinder immer schon in einem speziellen Mantel getragen, in dem Mutter und Kind Haut an Haut waren.
Diverse Studien belegen, dass nicht nur das Kind, sondern auch die Eltern in vielerlei Hinsicht davon profitieren, wenn das Baby oft, viel und gerne getragen wird... Gibt es etwas Schöneres, als sich an einen geliebten Menschen zu kuscheln, seinen Herzschlag zu hören, ihn zu riechen und zu fühlen?
Astrid Lindgren sagte einmal „Liebe kann man lernen. Und niemand lernt besser als Kinder. Wenn Kinder ohne Liebe aufwachsen, darf man sich nicht wundern, wenn sie selber lieblos werden.“ Wenn ein Baby durch den Körperkontakt beim Tragen von Anfang an ganz nebenbei eine Extraportion Liebe kennenlernt, ist das doch ein wundervolles Fundament für das Großwerden.