Tragetipp: Tragen gegen Plagiocephalie

Plagio…was? Nur wenige können wohl etwas mit diesem Begriff anfangen. Das, was dahinter steckt, kennen aber sicherlich die meisten von euch bzw. haben sie zumindest schon davon gehört. Kleiner Tipp: es hat was mit der Kopfform eures Kindes zu tun. Den Rest kann euch unsere Trageberaterin Mieke viel besser erklären. Und deshalb überlassen wir mal wieder ihr die Bühne, in unserem heutigen Expertentipp des Monats:

Wenn ein Baby mit Saugglocke auf die Welt kommt, sieht man das in den ersten Tagen ganz deutlich durch einen Bluterguss und eine leichte Verformung des Kopfes.

Verformung des Kopfes? Ja. Wenn ein Baby geboren wird, sind alle Knochen noch nicht ganz fest verknöchert, sondern etwas formbar. Logisch, sonst würde das Kind ja auch nicht durch den Geburtskanal passen und auch das Wachsen wäre schwieriger. Gerade der Kopf wächst ja in den ersten Lebensmonaten rasant. Die starke Verformung durch die Saugglocke ist schon nach ein paar Tagen komplett verschwunden und auch die leichte Verformung, die bei jedem Baby nach dem Weg durch den Geburtskanal auftritt, hat sich nach wenigen Wochen komplett zurückgebildet. In unserem heutigen Tragetipp geht es um andere Kopf-Verformungen, die erst nach der Geburt auftreten.

Seit 1992 weltweit die Empfehlung eingeführt wurde, Säuglinge zur Vorbeugung des plötzlichen Kindstodes (SIDS) in Rückenlage zu legen, gibt es erheblich mehr Babys, die einen an einer Stelle abgeflachten Kopf entwickeln. Das liegt daran, dass die Schwerkraft auf das Köpfchen wirkt und die noch formbaren Schädelplatten im Bereich der Auflagefläche „platt drückt“. Ist der Hinterkopf  nahezu symmetrisch mittig abgeflacht, nennt sich das Brachiocephalus. Die meisten Babys haben allerdings eine Lieblingsseite, in die sie ihren Kopf drehen, wenn sie auf dem Rücken liegen. Dies führt dann dazu, dass das Köpfchen einseitig abflacht. In der Fachsprache nennt sich das lagerungsbedingte Plagiocephalie.

Wenn Eltern feststellen, dass ihr Kind einen einseitig abgeflachten Kopf entwickelt und (fast) immer nur auf eine Seite guckt, schadet es nicht, das bei der nächsten U-Untersuchung einmal anzusprechen. Manchmal ist dies nämlich tatsächlich ein Hinweis auf eine Blockade im Kopfgelenk, die entweder beim Osteopathen oder Manualtherapeuthen behoben werden kann. Blockaden oder Kopfgelenks-Fehlstellungen (KiSS) machen sich allerdings meist auch noch durch andere Symptome wie häufiges Schreien oder starke Unruhe, schiefe Körperhaltung, Stillprobleme und/oder Koliken bemerkbar.

Aber auch, wenn das Baby einfach nur eine Lieblingsseite hat, sollten Eltern versuchen, ihr Baby dazu anzuregen, das Köpfchen in die andere Richtung zu drehen, damit die Halsmuskeln sich nicht unterschiedlich stark ausprägen und dadurch evtl. die Halswirbel verschieben. Hierzu gibt es ein paar einfache Tipps:

Babys verbringen oft mehr als 20 Stunden pro Tag auf dem Rücken, egal ob wach oder schlafend. Bett, Krabbeldecke, Kinderwagen, Babywippe, Autoschale… die einfachste Maßnahme, die Eltern daher treffen können, ist es, das Kind durch Reize zu animieren, den Kopf in die ungeliebte Seite zu drehen und die Zeit zu reduzieren, die das Kind auf dem Rücken liegt. Legt das Baby also immer wenn es wach ist, gerne mal wieder auf den Bauch – am besten mit dem Kopf auf die ungeliebte Seite gedreht. Darüberhinaus könnt ihr beim Füttern mit der Flasche genauso die Seiten wechseln wie es auch beim Stillen gemacht wird. Und am effektivsten und problemlos in den Alltag zu integrieren ist das TRAGEN!

Ja, tatsächlich. Tragen wird inzwischen auch in internationalen Richtlinien (beispielsweise in der Empfehlung vom australischen Wissenschaftsrat) als Prävention gegen Plagiocephalie aufgeführt. Denn beim Tragen ist nicht nur die Schwerkraftwirkung auf den Hinterkopf automatisch geringer. Es ist heutzutage auch eine der wenigen Gelegenheiten, in der ein Säugling die Horizontalposition für längere Zeit verlassen kann. Dies ist nicht nur vorteilhaft für die Prävention eines Plagiocephalus, sondern ist auch gut für die Gehirnentwicklung, den Gleichgewichtssinn, die Kommunikation und vieles mehr. Und auch das Drehen des Köpfchens in die ungeliebte Seite kann sanft provoziert werden, indem die Aufmerksamkeit des Kindes über die ungeliebte Seite geweckt wird oder der Kopf – sobald das Baby schläft – auch hier auf die ungeliebte Seite gedreht wird.

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