„Wenn euer Baby oder Kind bei euch mit im Bett schläft, habt ihr es nicht im Griff und es wird euch für immer auf der Nase herumtanzen.“ So oder ähnlich denken gar nicht so wenige Menschen mit oder ohne Nachwuchs. Gerade die ältere Generation kann sich häufig gar nicht vorstellen, dass die Kinder mit den Eltern im einem Zimmer schlafen – mal abgesehen von den ersten Monaten. Aber was ist denn nun richtig? Hierzu gibt es viele Meinungen. Unsere Hebamme Katrin Ritter verrät euch, was ihr über das Co-Sleeping wissen solltet, um die beste Entscheidung für euch und euer Kind zu treffen.
Co-Sleeping – was ist das eigentlich?
Co-Sleeping bedeutet, dass Eltern und Kinder im selben Bett oder im selben Raum schlafen. Dabei gibt es verschiedene Arten von Co-Sleeping, die wir euch hier einmal vorstellen möchten:
- Room-Sharing: Euer Baby oder Kind schläft im eigenen Bett oder in einer Wiege im selben Raum wie ihr.
- Bed-Sharing: Euer Baby oder Kind schläft im selben Bett wie ihr.
- Side-Car Arrangements (Beistellbett): Euer Kind schläft in einem Babybett, das an das Elternbett angeschlossen ist, so dass es in euerer unmittelbaren Nähe schlafen kann.
Wann wird Co-Sleeping empfohlen?
Die wichtigste Voraussetzung ist, dass alle Beteiligten dabei gut schlafen können. Dann ist Co-Sleeping beziehungsweise das Familienbett das Beste, komfortabelste und einfachste für die ganze Familie. Zumindest so lange, bis euer Kind von selbst allein schlafen möchte. Das Baby ist rein evolutionär ein Tragling, der immer in der Nähe seiner Eltern sein sollte. Sein Schlafzyklus ist etwa 30 Minuten kürzer als der eines Erwachsenen. Darum ist es nachts regelmäßig auf eure Weiterschlafhilfe (Handauflegen und regelmäßiges Wenden) angewiesen. Außerdem müssen Babys gerade am Anfang häufig gestillt oder mit der Flasche gefüttert werden. Allein deswegen macht das Schlafen im eigenen Kinderzimmer in den ersten 3 Lebensjahren relativ wenig Sinn, wenn man selbst auch ein bisschen Schlaf bekommen möchte. Ausnahmen bestätigen hier selbstverständlich die Regel.
Wie mit Baby im Familienbett schlafen?
Die Schlafumgebung für Babys im Familienbett sollte – wie im Kinderbettchen – bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um das Risiko für plötzlichen Kindstod zu minimieren. Ein sicheres Familienbett bedeutet vor allem, dass genügend Platz vorhanden ist. Normalerweise rechnet man hier mit mindestens 80 cm Breite pro Person, damit sich alle wohlfühlen. Wichtig ist, dass die Babyseite entweder direkt an der Wand steht oder mit einem Herausfallschutz gesichert ist. Alternativ können die Eltern ein Gitterbettchen von 1,20 m oder 1,40 m mit der offenen Seite direkt am Bett befestigen. Wichtig ist dann, dass dieses mit zunehmendem Alter entsprechend gesichert wird. Kleine Beistellbetten für Neugeborene können eine Übergangslösung darstellen, wenn es nicht genügend Platz gibt. Ansonsten ist es sinnvoll, lieber direkt in ein entsprechend großes Erwachsenenbett oder größeres Kinderbett zu investieren. Eine atmungsaktive feste und mit Trittkantenschutz versehende Kindermatratze macht in jedem Fall Sinn, damit das Baby auch bei Mama und Papa gut schläft. Das Kind mit ins "normale" Elternbett zu nehmen, ist keine gute Idee, da Eltern sich im Schlaf drehen und eine Decke benutzen, die das Kind im Schlaf unbeabsichtigt bedecken kann. Zur Orientierung: Die Standardempfehlungen zur Risikominimierung des plötzlichen Kindstods sind
- Schlafen immer in Rückenlage, im "eigenen" Bereich
- Schlafen im passenden Schlafsack ohne Kopfkissen
- langweilige Schlafumgebung OHNE Kuscheltiere, Mobiles, Spielzeug, Nestchen, Felle, Nässeschutz
- ideale Raumtemperatur von 16-18 Grad
- an die Umgebungstemperatur angepasste Kleidung (Zwiebelprinzip je nach Dicke des Schlafsackes, keine Mütze)
- eine rauch-, drogen-, und alkoholfreie Umgebung.
Familienbett – ja oder nein? Vor- und Nachteile des Co-Sleeping
Ist euer Schlafzimmer entsprechend groß, lohnt es sich, in ein Familienbett zu investieren oder euer Bett entsprechend umzubauen. Denn grundsätzlich schlafen alle viel ruhiger, da das Gruppengefühl viel Sicherheit vermittelt und nur wer sich sicher fühlt, schläft gut. Und ganz wichtig: wer schreit, schläft nicht. Ein schnelles Reagieren auf die kindlichen Bedürfnisse – wie in unmittelbarer Nähe möglich – kann das Schreien also sogar verhindern und den Schlaf fördern.
Die wichtigsten Vorteile auf einen Blick:
- Die enge Bindung zum Kind wird auch während der Nacht aufrechterhalten und gefördert, Bonding kann stattfinden. Mit dem Effekt: Das Kind fühlt sich sicher und geborgen und wird schneller selbstständig.
- Kind und Eltern sind entspannt und können ruhiger schlafen.
- Ihr bekommt als Eltern schneller mit, was euer Kind benötigt und könnt adäquat reagieren.
- Das Kind schreit weniger, da seine Bedürfnisse schneller wahrgenommen und beantwortet werden. Denn Babyschlaf ist anders und benötigt Unterstützung der Eltern – in Form einer Weiterschlafhilfe durch leises Reden, Handauflegen, Wenden.
- Stillen und Füttern funktioniert leichter, noch bevor euer Kind sich in Rage schreit.
- Weiterschlafen wird gefördert, da weniger Licht benötigt wird (z. B. beim Stillen oder nächtlichen Wickeln) und alle schneller weiterschlafen können.
- Das Baby sehen und hören zu können, ist sicherer, da Eltern z. B. beim Spucken schneller eingreifen können.
- Kein Geschwisterkind fühlt sich benachteiligt, sondern die Familie kann als solche wachsen.
Die wichtigsten Nachteile im Überblick:
- Seid ihr euch als Eltern nicht einig, kann das Thema Familienbett zu Streit führen.
- Sexualität ist im gemeinsamen Bett nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich.
- Euer Schlaf als Eltern kann durch den unruhigen Schlaf eures Kindes gestört werden – das gilt auch für den Schlaf von Geschwisterkindern.
- Durch verschiedene Zubettgeh- oder Aufstehzeiten von Baby, Geschwisterkind und Eltern könnt ihr euch gegenseitig aufwecken oder am Einschlafen hindern.
Co-Sleeping – richtig oder flasch?
Wichtig ist für euch zu wissen: Es gibt kein eindeutiges Richtig oder Falsch. Jedes Kind ist anders. Das eine benötigt mehr Nähe und lässt sich kaum ablegen, ein anderes liegt entspannt im Beistellbett und schläft früh durch. Wichtig ist aber zu wissen, dass sich das Schlafverhalten und die Bedürfnisse eures Kindes mit der Zeit verändern. Manche Kinder brauchen beispielsweise besonders viel Nähe, wenn sie krank sind oder in der Eingewöhnungsphase der Kita, wollen aber ansonsten schon allein schlafen. Seid also offen und versucht, eure Situation entsprechend anzupassen, wenn ihr feststellt, dass etwa nicht so läuft, wie ihr es euch vorgestellt habt. Denn, ob Co-Sleeping oder nicht – wichtig ist, dass es euch und eurem Kind gut geht.