Entspannt durchs erste Lebensjahr: Die besten Einschlafhilfen für euer Baby (Teil 3)

Hach, das erste Lebensjahr eures Babys ist wirklich eine unglaublich spannende Zeit. Ihr lernt euch gegenseitig kennen, habt so viele gemeinsame „erste Male“ und legt gemeinsam den Grundstein für die spätere Entwicklung und vor allem für einen guten Schlaf. Wie ihr euer Baby dabei unterstützen könnt, seine Bedürfnisse zu erkennen und selbst zu regulieren, habt ihr ja bereits im ersten und zweiten Teil unserer Serie erfahren. Nun wollen wir noch einmal etwas tiefer einsteigen: Unsere Hebamme und Schlafexpertin Katrin Ritter erklärt euch daher, welche konkreten Einschlafhilfen eurem kleinen Liebling helfen können.

Noch einmal zur Erinnerung: Jedes Baby wird physiologisch mit einem unreifen Gehirn geboren. Durch wiederkehrende Erfahrungen reift das Gehirn und verändert seine Struktur und Funktion. Wie ein Kind schläft, wird daher von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst: z.B. Genetik, Temperament, Familie, Umwelt, kindliche Selbstregulationsfähigkeit und elterliche Co-Regulation. Demnach kommt ein großer Einfluss von außen, von euch als Eltern, deren Aufgabe es ist, die Bedürfnisse eures Kindes wahrzunehmen und prompt und möglichst feinfühlig eine passende Lösung zu präsentieren. Und ja, wir wissen: DAS ist keine einfache Aufgabe – gerade, da sich die Bedürfnisse eures Kindes ja auch permanent verändern, wie wir in Teil 2 erklärt haben. Und jetzt kommt zum Glück das erhoffte „Aber“: Als Eltern habt ihr nämlich biologisch angelegte intuitive elterliche Kompetenzen. Das heißt, ihr könnt euch von Natur aus, adäquat um euer Kind kümmern. Zumindest sofern keine negativen Einflussfaktoren von außen hinzukommen (z.B. Schlafentzug, Erschöpfung, Wochenbettdepression, traumatische Geburtserlebnisse, Verlusterlebnisse, Schreibaby o.ä.). In diesen Fällen kann es passieren, dass ihr es nicht schafft, angemessen co-zuregulieren und euer Baby seine Bedürfnisse nicht befriedigen kann. Mit dem Effekt: Euer Stresslevel wird immer größer, die „Antworten“ auf die Bedürfnisse eures Kindes immer weniger feinfühlig und unpassend, und so lernt euer Kind sich nicht so gut selbst zu regulieren. So kann es möglicherweise zu Regulationsstörungen wie exzessivem Schreien, Schlafstörungen, Fütterstörungen, Unruhe, exzessivem Klammern, persistierenden Trennungsängsten oder ähnlichem kommen.

Um das zu verhindern, ist ein sicherer Beziehungsaufbau und eine positive Grunderfahrung in der Eltern-Kind-Interaktion notwendig. Und dazu möchten wir heute mit einer Extra-Portion Wissen beitragen.

Die wichtigsten Fakten rund um Babys Schlaf:

Classic Sleep Bag_Daisies

Der Schlafbedarf ist sehr individuell und natürlich auch abhängig vom Alter. Zur Orientierung (nur Richtwerte) geben wir euch hier eine Übersicht über den Gesamtschlafbedarf innerhalb von 24 Stunden:             

1. Monat: 16 Stunden

2. Monat: 14 Stunden

Ab 3. Monat: 13 Stunden

12. Monat: 12 Stunden

Adäquate Wachphasen am Stück, je nach Alter:

0-3 Monate: 1 bis 2 Stunden

6.-7. Monate: 2 bis 3 Stunden

11.-13. Monat: 4 bis 6 Stunden

(Anmerkung: Dies sind nur Mittelwerte, jedes Kind ist anders)

Ein Schlafzyklus aus Leichtschlaf, Tiefschlaf und Traumphase dauert etwa 45 bis 60 Minuten und nach drei bis vier Zyklen am Stück ist das Kind für längere Zeit wach. Im Traumschlaf und bei jedem Schlafphasenwechsel und damit auch einer Schlaftiefenveränderung kann das Baby aufwachen und benötigt Weiterschlafhilfe von den Eltern.

Konkrete Einschlafhilfen: Wie könnt ihr euer Kind jetzt unterstützen?

  • Ein Familienbett mit Beistellbett fürs Kind hat sich im ersten Lebensjahr und solange das Kind möchte, bewährt und macht das Leben einfacher.
  • 3-L-Regel bei der Einschlafbegleitung: die Eltern sind LEISE, LANGSAM, LANGWEILIG
  • Raum abdunkeln, keine Reize
  • Immer alles gleich: gleicher Ort, sichere Schlafumgebung 
  • Alters- und entwicklungsgerechte Schlafbegleitung, Wach- und Schlafzeiten einhalten
  • Vor dem Schlafen gut ausreichend füttern bzw. zu trinken geben à hungrig schläft man nicht
  • Positive Verknüpfungen herstellen (gute Einschlafstimmung, positive Gefühle), keine Kämpfe (ansonsten wieder ans Tageslicht gehen und Kind beruhigen, danach einen neuen Versuch starten)
  • Bedürfnisse wahrnehmen, aber Blickkontakt vermeiden
  • Anfangs auf dem Arm müdekuscheln, später sofort ins Bett
  • Augen sanft zustreicheln, generell streicheln
  • Kind immer wach, aber schlafbereit ins Bett legen. Möglichst nicht schlafend ablegen, da sich das für euer Kind wie ein Betrug anfühlt. Euer Kind braucht beim Aufwachen die gleiche Situation wie beim Einschlafen.
  • Weiches, leises Erzählen, Singen, Summen Schschsch-Geräusche
  • Schnuller geben (nach Etablierung des Stillens), ab dem 6. Monat gehört der Schnuller in die Hand des Kindes, damit es sich den Schnuller selbst geben kann/ mehrereSchnuller nachts im Bett verteilen, damit das Kind in der Nacht auf jeden Fall einen findet
  • Rhythmisches, leichtes Poklopfen
  • Neugeborene können tagsüber gepuckt werden, sollten dann allerdings nur unter Aufsicht schlafen
  • Zappelnden Armen Halt geben
  • Nur sanfte Bewegungsreize setzen (kontraproduktiv: Hopsen auf dem Pezziball, laute Geräusche vom Handy/CD-Player, exzessives Stillen/Füttern, obwohl das Kind längst satt ist, stundenlanges Umhertragen/Fahren, elterliche Körperteile zum Spielen wie Haare, Brust, Hände etc.)
  • Vorabendschlaf in der Tragehilfe anbieten: d.h. das Kind wird nicht ins Bett gelegt, sondern schläft bei Mama oder Papa in der Trage (jeden Tag der gleiche Ablauf)
  • Mit vier bis sechs Monaten kann ein Kuscheltuch/-tier als Übergangsobjekt (Ablösung von den Eltern) eingewöhnt werden. Achtung, es sollte nicht zu groß sein und unter Aufsicht angewendet werden. Nachdem das Baby eingeschlafen ist, kann es für nachts griffbereit in die Nähe der Eltern gelegt werden. Geeignet sind Schlafpüppchen/ kleine Schnuffeltücher mit Schurwollefüllung im Kopf, die den Geruch des Kindes annehmen.

Bitte beachtet, dass Neugeborene und kleine Babys tagsüber zunächst immer nur bei Mama und Papa schlafen. Dies geht gut auf dem Arm, in der Tragehilfe oder einem mobilen Bettchen, was in der Nähe steht. Je älter das Kind dann wird, desto mehr werden die festen Schläfchen am Tag und in der Nacht dann ins Bett (fester Schlafort) bzw. auch in die Tragehilfe (Vormittags-/Vorabendschlaf) verlagert.

Seid ihr unsicher, ob in euerer kleinen Familie alles rund läuft? Dann könnt ihr ein Schlaf-Wach-Still-Schrei-Protokoll führen und wendet euch an Hebamme & Schlafcoach. Vermeidet auf jeden Fall Wachhalten, Übermüdung und Überstimulation und führt Routinen ein, die euer Kind wiedererkennt, z. B. Morgenroutine, Einschlafroutine, Beruhigungsroutine, Vorabendroutine. Klärt auch die Rollenverteilung und Erwartungen in der Partnerschaft am besten frühzeitig. Dann läuft der Alltag besser und ihr vermeidet zusätzlichen Stress durch Streitereien.

Der wichtigste Tipp am Ende:

Solltet ihr an Eure Grenzen kommen, legt das Baby sofort (auch schreiend) an einem sicheren Ort (z.B. Bett) ab und verlasst den Raum, um euch zu beruhigen. Lieber das Kind ein paar Minuten schreien lassen, als es z.B. zu schütteln! Dies führt zu schweren Verletzungen, Behinderungen und möglicherweise zum Tod. Mehr Infos unter: https://www.bitte-nicht-schuetteln.de/. Wenn möglich, holt euch sofort Hilfe vom Partner, der Verwandtschaft, Freunden oder eurer Hebamme. Das Elterntelefon 0800 1110550 bietet auch unkompliziert und schnell Hilfe an. Denn wie heißt ein afrikanisches Sprichwort so schön: um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf!

Bitte-nicht-schuetteln.de

Quelle:

Dr. Daniela Dotzauer, Babyschlaf, Mabuse-Verlag, 2021